Фридрих Ницше
«Jenseits von Gut und Böse»
Allm?hlich hat sich mir herausgestellt, was jede grosse Philosophie bisher war: n?mlich das Selbstbekenntnis ihres Urhebers und eine Art ungewollter und unvermerkter m?moires; insgleichen, dass die moralischen (oder unmoralischen) Absichten in jeder Philosophie den eigentlichen Lebenskeim ausmachten, aus dem jedesmal die ganze Pflanze gewachsen ist. In der That, man thut gut (und klug), zur Erkl?rung davon, wie eigentlich die entlegensten metaphysischen Behauptungen eines Philosophen zu Stande gekommen sind, sich immer erst zu fragen: auf welche Moral will es (will er – ) hinaus? Ich glaube demgem?ss nicht, dass ein Trieb zur Erkenntniss der Vater der Philosophie ist, sondern dass sich ein andrer Trieb, hier wie sonst, der Erkenntniss (und der Verkenntniss!) nur wie eines Werkzeugs bedient hat. Wer aber die Grundtriebe des Menschen darauf hin ansieht, wie weit sie gerade hier als inspirirende Genien (oder D?monen und Kobolde – ) ihr Spiel getrieben haben m?gen, wird finden, dass sie Alle schon einmal Philosophie getrieben haben, – und dass jeder Einzelne von ihnen gerade sich gar zu gerne als letzten Zweck des Daseins und als berechtigten Herrn aller ?brigen Triebe darstellen m?chte. Denn jeder Trieb ist herrschs?chtig: und als solcher versucht er zu philosophiren. – Freilich: bei den Gelehrten, den eigentlich wissenschaftlichen Menschen, mag es anders stehn – besser, wenn man will – , da mag es wirklich so Etwas wie einen Erkenntnisstrieb geben, irgend ein kleines unabh?ngiges Uhrwerk, welches, gut aufgezogen, tapfer darauf los arbeitet, ohne dass die gesammten ?brigen Triebe des Gelehrten wesentlich dabei betheiligt sind. Die eigentlichen Interessen des Gelehrten liegen deshalb gew?hnlich ganz wo anders, etwa in der Familie oder im Gelderwerb oder in der Politik; ja es ist beinahe gleichg?ltig, ob seine kleine Maschine an diese oder jene Stelle der Wissenschaft gestellt wird, und ob der hoffnungsvolle junge Arbeiter aus sich einen guten Philologen oder Pilzekenner oder Chemiker macht: – es bezeichnet ihn nicht, dass er dies oder jenes wird. Umgekehrt ist an dem Philosophen ganz und gar nichts Unpers?nliches; und insbesondere giebt seine Moral ein entschiedenes und entscheidendes Zeugniss daf?r ab, wer er ist – das heisst, in welcher Rangordnung die innersten Triebe seiner Natur zu einander gestellt sind. (далее…) |